Die Kirche zu Alt Tucheband
Schon 1355 hat es in „Tuchbant“ nachweislich eine Kirche gegeben, bis dahin Tochterkirche von Lebus und ab jenem Jahr selbstständige Pfarrkirche. Wie diese erste Kirche und ihre Nachfolgerinnen aussahen, wissen wir nicht. 1862 trat an die Stelle der alten Kirche ein neugotischer Backsteinbau in beträchtlichen Ausmaßen. Von der alten Kirche ist manches in die neue übernommen worden. In das dreigeteilte Fenster der Herrschaftsempore fügte man sechs kleine runde Wappenscheiben in bunter Glasmalerei ein. Sie trugen Namen der Besitzerfamilie von Schapelow aus dem Jahre 1587. Auch ein silbervergoldeter Kelch aus dem 16. Jahrhundert mit Patene war noch vorhanden. Ein zweiter Kelch stammte aus dem Jahre 1656. Die Orgel wurde nach 1863 von Wilhelm Sauer in Frankfurt (O) gebaut.
Im Turm hingen drei Glocken. Die größte von ihnen war ein Umguss des Glockengießers Carl Friedrich Ulrich in Apolda aus dem Jahre 1881. Die mittlere hatte 1794 Meister Johann Christian Gottlieb Fischer, Königsberg/Nm., gegossen. Die kleinste mit einem Durchmesser von 63 cm aus dem Jahr 1769 stammte von Christian Daniel Heintze, Berlin. Während die größte Glocke von 1881 im Jahre 1917 an die Heeresverwaltung abgeliefert wurde, sind die anderen beiden mit der ganzen Kirche im Frühjahr 1945 untergegangen. Im eisernen Glockenstuhl links neben dem Pfarrhaus läutet seit 1953 eine Eisenhartguß-Glocke von der Firma Schilling & Lattermann in Apolda. 1998 wurde der Glockenstuhl erneuert.
Während schwerer Artillerie- und Panzerschlachten um Alt Tuchenband sind der Ort und die Kirche fast zu 100 % zerstört worden. Der Ort befand sich in einem derart verwüsteten Zustand, dass man ernsthaft an seine Aufgabe dachte. Vor dem Beginn erster Aufräumarbeiten im Jahre 1945 hat ein Augenzeuge gesehen, wie sowjetische Soldaten die Reste der beiden Glocken aus dem Schutt der Kirche ausgegraben und abtransportiert haben. In den Folgejahren trug man die Kirchenruine mehr und mehr ab, bis die Reste gänzlich zugewachsen waren.
Die ersten Gottesdienste nach dem Krieg fanden in der Gastwirtschaft „Deutsches Haus“ statt. Dann kam der aus Schlesien heimatvertriebene Pfarrer Karl Liesert und stoppte die Entnahme von Baumaterial aus der Pfarrhausruine. Gemeinsam mit den Gemeindegliedern sorgte er für den Wiederaufbau des Pfarrhauses, das mitsamt dem Gemeindesaal 1951 in Gebrauch genommen werden konnte. Bis 1982 war das Pfarramt noch selbstständig, gehörte bis 1998 zum Sprengel Sachsendorf und kam dann zum Sprengel Gorgast/Golzow.
1988 begann man, das Kirchenareal zu beräumen. Dabei wurden der Turmstumpf des Bauwerkes und der Eingang zu einer im Chor gelegenen Gruft freigelegt. Den gut erhaltenen Kirchenboden aus Tonfliesen hat leider der unkoordinierte Einsatz einer Planierraupe zerstört. Noch erhalten ist die gemauerte Turmspitze mit ihrer eisernen Verankerung.
Der Kirchsaal im einstigen Pfarrhaus ist schlicht im Stil der 1950er Jahre eingerichtet.
Der hölzerne Altartisch wird von einem Kruzifix geschmückt. An der Wand hinter dem Altartisch ist ein farbig gestalteter Teppich angebracht, der das Abendmahl Jesu thematisiert. Die Namen der am Abendmahl teilnehmenden Jünger sind in den jeweiligen Nimbus eingearbeitet.
Links vom Altar steht die hölzerne Kanzel mit dreiseitiger Brüstung. Vor der Kanzel hat die ebenfalls aus Holz gearbeitete Taufe ihren Platz. Die Kuppa ist sechsseitig. Auf dem Deckel der Taufe befindet sich eine hölzerne Weltkugel mit Kreuz
Quelle: mit freundlicher Genehmigung: Reinhard Schmook, „Kirchen und Gemeindehäuser im Evangelischen Kirchenkreis Oderbruch“ 2012