Die Kirche zu Gorgast
Im Jahre 1771 wurde in Gorgast eine neue Kirche in Fachwerk erbaut. Bereits 1785 soll sie durch eine Feuersbrunst zerstört worden sein. 80 Schritte südlich von ihr entfernt, an der Chaussee Gorgast – Golzow wurde 1886 mit dem Bau einer neuen Kirche begonnen. Hier entstand ein neugotischer, kreuzförmiger Backsteinbau mit hohem Westturm, der am 6. März 1888 während eines Festgottesdienstes durch den Berliner Generalsuperintendent D. Braun in Gebrauch genommen wurde.
Die wertvolle Bronzeglocke aus der ersten Kirche, umgegossen 1784 von den Gebrüdern Fischer, Königsberg/Nm., befindet sich heute im Märkischen Museum Berlin (Stiftung Stadtmuseum). 1887 wurden für die neue Kirche drei Bronzeglocken von der Fa. Gustav Collier, Zehlendorf, Gegossen. Die beiden größeren von ihnen lieferte man im Jahre 1917 an die Heeresverwaltung ab. Die kleine fiel 1942 der Kriegsrüstung zum Opfer. Von den drei Glocken aus Eisenhartguss, 1924 von der Fa. Schilling und Lattermann in Apolda geliefert, blieben die beiden größeren erhalten. Die kleine wurde 1945 mit der Kirche zerstört. Die große Glocke hat einen Durchmesser von 160 cm und ist die größte im ganzen Kirchenkreis.
Im Frühjahr 1945 wurden Kirche und Pfarrhaus weitgehend zerstört. Zu der vernichteten Inneneinrichtung der Kirche gehörte auch eine 1886 gebaute Sauerorgel.
In beiden Gebäuderuinen fand sich zunächst kein Raum für den Gottesdienst. Ab 1947 wurde das Pfarrhaus unter Leitung des Pfarrers Werner Michalsky unter schwierigen Bedingungen repariert. Darin fanden dann für einige Jahre die Gottesdienste statt. Die drei von der Kirche noch stehenden Umfassungsmauern und der durch Artilleriegeschosse gespaltene Turm sind im Dezember 1956 gesprengt worden. Unter Leitung von Pfarrer Klaus Zebe wurde anschließend im Pfarrgarten ein massiver Glockenturm errichtet, in dem die beiden erhaltenen Stahlglocken Platz fanden.
Im April 1958 erhielt die Kirchengemeinde die Genehmigung für den Bau einer neuen Kirche, und zwar auf den Grundmauern der alten. Ein Großteil der Steine hatten die Gorgaster aus den Trümmern des alten Gotteshauses gewonnen. Klaus Zebe, der der Kirchengemeinde neun Jahre lang (bis 1962) als Pfarrer diente, berichtet in seinen „Erinnerungen“ u. a., dass es den Kreisbaudirektor, der die Baugenehmigung erteilte, „Die Stelle gekostet hat; er hat den Kirchenbau ohne Zustimmung des Staatssekretariats für Kirchenfragen genehmigt und damit seine Befugnisse weit und grob überschritten,“
Am 25. August 1958 konnte das Richtfest des Kirchenneubaus gefeiert werden und ein Jahr später, zum Erntedankfest am 5. Oktober 1959, erfolgte die feierliche Indienstnahme. Dieser Erntedankgottesdienst wurde empfindlich gestört, was aktenkundig überliefert ist. In einem Schreiben vom 8. Oktober 1959 reichte der Gemeindekirchenrat wegen der Störung Beschwerde beim Rat des Bezirkes Frankfurt (O), Abteilung Kirchenfragen, ein. In diesem Schreiben heißt es u. a. „Zunächst erschien um 14.30 Uhr, als sich die Gottesdienstgemeinde sammelte, eine Staffel Motorräder auf dem der Kirche gegenüber liegenden Dorfplatz, ließ immer wieder die Motoren laufen und fuhr einige Male unter großem Lärm an der Kirche vorbei, in der bereits der Gottesdienst begonnen hatte. Die Motorräder verließen den Platz etwa 15.15 Uhr. Statt ihrer erschien ein LKW, der knapp 50 m von der Kirche entfernt hielt. Auf ihm saß eine Blaskapelle, die etwa eine halbe Stunde lang Musik machte. Ihr Erscheinen störte den Gottesdienst auf ganz besonders empfindliche Weise. … Die Bevölkerung ist über diese Störung des Gottesdienstes empört. … Es sind Stimmen aus der Gemeinde zu uns gedrungen, die diese Störung als offene Provokation gegen die Kirche bezeichnen und sie mit ähnlichen Störaktionen gegen die Kirche in der Zeit des Faschismus verglichen. Da der Abschnittsbevollmächtigte der VP (Volkspolizei) bei diesem ganzen Vorgang anwesend war und nicht eingegriffen hat, wenden wir uns hierdurch an das Amt für Kirchenfragen beim Rat des Bezirkes. Wir bitten 1.) daß die für die Störung Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden; 2.) daß sich der Staat in Wahrnehmung seine Verfassung von solchen Vorgängen distanziert; 3.) daß darauf hin gewirkt wird, daß in Zukunft derartige Störungen nicht mehr vorkommen.“